Soll man einsteigen, lieber abwarten, Gewinne mitnehmen? Ist dieses oder jenes erfolgreiche Unternehmen eigentlich teuer? Diese Fragen werden angesichts der jüngsten Börsen-Höhenflüge für viele Anleger immer drängender. Bei ihrer Beantwortung hilft das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das den Kurs einer Aktie in Relation zum Gewinn je Aktie setzt. Es ermöglicht sowohl historische Vergleiche (Wie hat sich die Aktie in den letzten Jahren entwickelt?) als auch eine Gegenüberstellung verschiedener Unternehmen, die in der Regel derselben Branche angehören. Doch wann ist ein KGV attraktiv? Hier scheinen sich die Maßstäbe aktuell zu verschieben. Lange Zeit galt ein Wert über 15 als sehr teuer; noch Ende 2008 verzeichnete der DAX im Schnitt ein KGV von unter 10. Mittlerweile liegt der Durchschnitt im US-Index S&P 500 bei circa 17. Das halten viele Experten allerdings für tragbar, wenn man andere Anlageklassen wie Immobilien oder Anleihen dagegenstellt. Einige Analysten würden sogar bei einem KGV von über 30 oder 40 noch einen Einstieg empfehlen, wenn es sich um ein schnell und solide wachsendes Unternehmen handelt. Möglicherweise wird man sich zukünftig an deutlich höhere KGV-Werte gewöhnen.
Nachhaltige Fonds sehr gefragt
Erhard Hirz | Keine KommentareHöhenflug an den Börsen
Erhard Hirz | Keine KommentareWorauf müssen sich Anleger im frisch angebrochenen Jahr einstellen? Hört man sich bei Experten um, kristallisieren sich im Wesentlichen fünf Grundfaktoren heraus:
- Die Weltkonjunktur wird voraussichtlich nicht nennenswert von der Stelle kommen. Lediglich aus den Schwellenländern erwarten die Makroökonomen positive Impulse. Wie es in den USA weitergeht, hängt von den konkreten Maßnahmen der kommenden Führung ab. Europa dürfte wie auch Japan kaum Wachstum verzeichnen.
- China dürfte seine Rolle als Wachstumslokomotive der Weltwirtschaft wieder verstärkt einnehmen, denn es investiert – unter anderem mit dem Mammutprojekt „One Belt, One Road“ – derzeit riesige Summen.
- Der Ölpreis ist zuletzt wieder leicht gestiegen, so dass viele Ölförderländer nicht mehr defizitär wirtschaften müssen. Die Tiefstpreise von Anfang 2016 dürften nicht wiederkehren, aber ein Höhenflug wie bis 2014 ebenso wenig. Erwartet wird ein Niveau von 50plus US-Dollar.
- Nachdem die US-Notenbank Fed die Zinswende eingeleitet hat, dürfte die weltweit verfügbare Liquidität ihren Zenit überschritten haben. EZB und Bank of Japan werden aber voraussichtlich weiter expansiv agieren.
- International gibt es eine Tendenz zum Protektionismus: Nationale Volkswirtschaften sollen stärker geschützt werden, der freie Welthandel wird kritischer gesehen. Das könnte sich – wie auch in den USA erwartet – nach den Wahlen in Frankreich und Italien (falls es dort zu vorgezogenen Wahlen kommt) auswirken.
Die expansive Geldpolitik hat mit ihren Unmengen an Liquidität in den letzten Jahren die Börsenindizes kräftig befeuert. Davon profitierten passive Indexfonds (ETFs) besonders, da sie die ausgewählten Indizes eins zu eins nachbilden. Auf rund zwei Billionen Euro werden die Investitionen in ETFs geschätzt, die Anleger vor allem mit ihren geringen Kosten locken.
Unter Analysten mehren sich nun allerdings die mahnenden Stimmen. Der Grund: Die Geldschwemme wird in absehbarer Zeit enden müssen, was den Höhenflug von Dow Jones & Co. einstweilen in eine Baisse verwandeln dürfte. Für die Anleger bedeutet das, dass sie über aktives Fondsmanagement nachdenken sollten. Denn nur mit aktiver Auswahl und Kontrolle lässt sich dem Trend entgegen performen.
Hinzu kommt ein wachsendes strukturelles Risiko durch die ETFs: Diese könnten bei fallenden Kursen selbst zum Krisentreiber werden, da sie entsprechend an Wert verlieren und damit die schlechte Marktstimmung verstärken.